Was ist Direktsaat?

Beschreibung und Definition von Direktsaat

Es ist äußerst wichtig eine adäquate und präzise Definition für Direktsaat zu formulieren wenn es darum geht vergleichbare Versuchergebnisse durch verschiedene Wissenschaftler zu erzielen. In vielen Fällen sind widersprüchliche Versuchsergebnisse einzig und allein damit zu erklären, dass regionale Begriffe verwendet wurden bzw. unterschiedliche Definitionen von verschiedenen Forschern über Direktsaat benutzt wurden und es unterschiedliche Auffassungen gab, wie die Direktsaat praktiziert werden sollte. Aus diesem Grund ist es wichtig zu einem Konsens in Bezug auf eine genaue Beschreibung und Definition der Direktsaat zu kommen. Falls es nicht bald gelingen sollte ein gemeinsames Verständnis für Direktsaat zu erzielen, dann werden wir weiterhin mit widersprüchlichen Versuchsergebnissen in der Direktsaatforschung sowohl auf nationaler als auf internationaler Ebene rechnen müssen.

Direktsaat ist ein Ackerbausystem, bei dem das Saatgut direkt in den mit Pflanzenresten der Vorfrucht bedeckten, unbearbeiteten Boden gelegt wird (Köller und Linke, 2001). Mittels Spezialmaschinen, die überwiegend mit Scheibenscharen (minimaler Eingriff in den Boden) oder Zinkenscharen (starker Eingriff in den Boden) ausgestattet sind wird nur ein schmaler Schlitz zum Einbringen des Saatgutes geöffnet und sofort nach der Saatgutablage wieder geschlossen. Ziel ist es dabei möglichst wenig Boden zu bewegen, um keine neuen Unkrautsamen an die Oberfläche bzw. in einen keimfähigen Horizont zu bringen. Sonst wird keine weitere Bodenbearbeitung durchgeführt. Die Erntereste der vorherigen Kultur werden weitestgehend unberührt als Mulchdecke an der Bodenoberfläche hinterlassen. Wird der Boden zur Saatbettbereitung auch nur flach bearbeitet, so zählt so ein System nicht zur Direktsaat sondern zur Mulchsaat (DLG, 1997). Säverfahren, bei denen mehr als 50% der Bodenoberfläche gelockert und durchmischt wird, können nicht zur Direktsaat gezählt werden (Linke, 1998, Sturny et al., 2007). Die Unkrautregulierung ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Direktsaat. Diese erfolgt einerseits über Herbizide aber auch über den Einsatz von Fruchtfolgen und den gezielten Anbau geeigneter Gründüngungsarten. Das Verfahren ist im englischen Sprachraum unter “no-tillage“ oder “zero tillage“ bekannt. Einige der gewünschten umweltrelevanten Effekte der Direktsaat wie Erosionsschutz, Wasserschutz, Hochwasserschutz und Klimaschutz durch die zusätzliche Bindung von Kohlenstoff im Boden, stellen sich erst nach einigen Jahren ein, in denen das Verfahren ohne Unterbrechung, kontinuierlich praktiziert wird.

Die Direktsaat wird weltweit bereits auf über 100 Millionen ha bei den unterschiedlichsten Boden- und Klimabedingungen praktiziert (Derpsch et al., 2010). Der Erfolg dieses konservierenden Anbausystems beruht auf einer kontinuierlichen, dauerhaften Anwendung ähnlich dem Dauergrünland (Sturny et al., 2007) sowie auf dem gezielten Einsatz von geeigneten Fruchtfolgen und Gründüngung. Spezifische Anforderungen des Direktsaatsystems müssen berücksichtigt werden, um Misserfolge zu vermeiden. Für eine erfolgreiche Umsetzung sollten die erforderlichen Voraussetzungen bzw. Schritte. für eine erfolgreiche Umstellung beachtet werden (Kahnt, 1976; Duiker und Myres, 2006, Derpsch, 2008). Die permanente Bodenbedeckung mit Pflanzenrückständen und das nicht Lockern des Bodens führen zu einem effizienten Erosionsschutz, zur Speicherung von Kohlenstoff im Boden, zur Erhöhung des Bodenlebens, zu einer besseren Wasserkonservierung im Boden und zu einer erhöhten Wirtschaftlichkeit . Darüber hinaus ist Direktsaat das einzige Anbausystem, welches eine nachhaltige landwirtschaftliche Produktion auch unter extremen Boden- und Klimabedingungen ermöglicht.

Zusammenfassend kann Direktsaat als ein Ackerbausystem definiert werden, bei dem das Saatgut in einen unbearbeiteten Boden abgelegt wird. Es wird lediglich ein schmaler Schlitz im Boden geöffnet und nach der Saat wieder geschlossen, der nur so tief und breit ist, dass eine gute Bedeckung des Saatgutes gewährleistet wird. Sonst wird keine weitere Bodenbearbeitung durchgeführt (Phillips und Young 1973, www.sachsen.de 2011).

Quellenangaben

Derpsch, R., 2008, Critical Steps to No-till Adoption, In: No-till Farming Systems. Goddard, T., Zoebisch, M.A., Gan, Y., Ellis, W., Watson, A. and Sombatpanit, S., Eds., 2008, WASWC. p 479 – 495

Derpsch, R., Friedrich, T., Kassam, A. und Li, H.W., 2010. Current status of adoption of no-till farming in the world and some of its main benefits. Int. J. Agric. & Biol. Eng. Vol. 3. Nº 1.

DLG, 1997. Direktsaat. Merkblatt 301 der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft,16 S.

Duiker, S. and Myres, J.C., 2006. Steps towards a successful transition to no-till. College of Agricultural Science, Agricultural Research and Cooperative Extension, PennState University, 36 S.

Kahnt, G., 1976. Ackerbau ohne Pflug, Voraussetzungen, Verfahren und Grenzen der Direktsaat im Körnerfruchtbau. Ulmer, Stuttgart, 126 S.

Köller, K. und Linke, C., 2001. Erfolgreicher Ackerbau ohne Pflug. 2. Aufl. DLG-Verlag, Frankfurt a.M. 176 S.

Linke, C., 1998. Direktsaat – eine Bestandsaufnahme unter besonderer Berücksichtigung technischer, agronomischer und ökonomischer Aspekte. Dissertation, Universität Hohenheim, 482 S.

Phillips, S. and Young, H. 1973. No-Tillage Farming. Reiman Associates, Milwaukee, Wisconsin. 224 S.

Sturny W.G., Chervet A. Maurer-Troxler C., Ramseier L., Müller M., Schafflützel R., Richner W., Streit B., Weisskopf P. und Zihlmann U. 2007. Direktsaat und Pflug im Systemvergleich – eine Synthese, AGRARForschung (jetzt "Agrarforschung Schweiz") 14 (8): 350-357.

www.sachsen,de 2011. www.landwirtschaft.sachsen.de/landwirtschaft/8119.htm eingesehen im März 2011.

 

 

 

 

Entwicklung und Verbreitung der Direktsaat
 

Die größte Verbreitung hat die Direktsaat mit 19,8 Millionen Hektar in den USA erfahren. Brasilien rangiert mit 12 Millionen Hektar an zweiter, Australien mit 8,6 Millionen Hektar an dritter und Argentinien mit 8 Millionen Hektar an vierter Stelle. Danach folgen Kanada mit 4,1 Millionen Hektar und Paraguay mit 800.000 Hektar. Die ersten Versuche mit Direktsaat in Lateinamerika wurden durch ein Projekt der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) in Zusammenarbeit mit einem nationalen Forschungsinstitut 1971 gestartet (Derpsch, 1998). Weltweit werden etwa 55 Millionen Hektar im Direktsaatsystem angebaut. Davon entfallen rund 82 Prozent auf Amerika (Nord und Süd), 16 Prozent auf Australien und weniger als 2 Prozent auf Europa, Asien und Afrika zusammen. Trotz langjähriger positiver Forschungsergebnisse, hat das Direktsaatsystem in diesen drei Kontinenten, nur eine geringfügige Verbreitung gefunden. Im Jahre 1998 erstellte die GTZ eine Studie, um das Potential der Einführung der Direktsaat in Afrika zu untersuchen (GTZ, 1998). Obwohl klimatische und/ oder sozioökonomische Bedingungen die Einführung in manchen Regionen Afrikas schwierig gestalten, bieten einige Ökoregionen ein gutes Potential für die Anwendung der Direktsaat als nachhaltiges Anbausystem. Prozentual zur Gesamtanbaufläche mit einjährigen Kulturen verzeichnet Paraguay mit 52 Prozent weltweit die höchste Anwendungsrate der Direktsaat, gefolgt von Argentinien mit 32 Prozent, Brasilien mit rund 21 Prozent und den USA mit nur 16,3 Prozent.

 

 

Die Gesetze der abnehmenden Ertragsfähigkeit tropischer Böden
 

  1. Jedes Anbausystem, welches ständig an den Humusvorräten des Bodens zehrt, ist nicht nachhaltig und hat die Verarmung des Bodens und der Menschen zur Folge.

  2. Die wiederholte und intensive Bodenbearbeitung führt im Ackerbau der Tropen und Subtropen zu einer schnellen Mineralisierung der organischen Substanz und zwar in Raten, die im allgemeinen höher sind als die Möglichkeit des Ersatzes. Dies führt im Laufe der Jahre zu abnehmenden Gehalten an organischer Substanz im Boden und zu einer abnehmenden Ertragsfähigkeit der Böden.

  3. Die wiederholte und intensive Bodenbearbeitung im Ackerbau führt aufgrund der Bloßlegung des Bodens und der Klimabedingungen der Tropen und Subtropen zu Wind- und/ oder Wassererosion und somit zu Bodenverlusten, die im allgemeinen höher sind als die natürliche Bodenregeneration. Dies führt im Laufe der Jahre zu einer abnehmenden Ertragsfähigkeit der Böden.

  4. Die intensive Bodenbearbeitung führt in den Tropen und Subtropen im allgemeinen zur einer Schädigung der Bodenstruktur, zu erhöhten Bodentemperaturen und zu einer reduzierten Bodenfeuchtigkeit. Dies wirkt sich negativ auf das Wurzelwachstum, auf die Bodenflora und -fauna sowie auf die bodenbiologischen Prozesse aus und hat im Laufe der Jahre eine abnehmende Ertragsfähigkeit der Böden zur Folge.

  5. Jedes Anbausystem, in dem wichtige Nährstoffreserven durch Ernten oder durch Bodenausbeute (Extraktion ohne Ersatz), durch Verflüchtigung (z.B. durch wiederholtes Brennen) und/ oder durch Auswaschung (z.B. durch Brache ohne Pflanzenbewuchs) vorkommen, ist nicht nachhaltig und hat die Verarmung des Bodens und der Menschen zur Folge.

 

 

Ausblick

  • Wissen und Information ist in den meisten Ländern die wichtigste Voraussetzung für die Einführung der Direktsaat. Die Information muß relevant, aktuell, lokal angepaßt, wahr und nützlich sein, um von den Landwirten angenommen zu werden.

  • Die Überlegenheit des Direktsaatsystems über die konventionelle Bodenbearbeitung ist unter den verschiedensten Bedingungen weltweit nachgewiesen worden. Es ist nun notwendig, das System an die örtlichen und die sozio- ökonomischen Bedingungen der einzelnen Regionen anzupassen.

  • Die Einstellung "Es geht nicht!" ist bei der Einführung der Direktsaat wenig hilfreich. Da die Direktsaat das einzige Anbausystem ist, welches eine nachhaltige Landwirtschaft im extensiven Ackerbau in den Tropen und Subtropen ermöglicht, müssen Wege gefunden werden, um aufkommende Probleme zu lösen.

  • Man sollte bei der Direktsaat nicht besorgt sein wenn die Erträge sinken, so lange eine höhere Wirtschaftlichkeit des Anbausystems erzielt wird.

  • Die wirksame Bekämpfung der Erosion, die Verbesserung der chemischen, physikalischen und biologischen Bodeneigenschaften, geringere Maschinenkosten, die Ersparnis an Arbeits- und Traktorenstunden, die Einhaltung der agrotechnisch optimalen Termine, höhere Gewinne und weitere Vorteile werden in den meisten Regionen der Erde dafür sorgen, dass der Anteil der im permanenten Direktsaatverfahren bewirtschafteten Flächen ständig zunimmt.

 

Schlussbemerkungen
 

Der Pflug kann heute ohne Zweifel als das wichtigste Instrument angesehen werden, das zur Zerstörung von Millionen Hektar fruchtbaren tropischen und subtropischen Bodens beigetragen hat. Es ist an der Zeit, dass wir ihn von dem hohem Sockel herunterholen, auf dem er sich in unserem Kulturverständnis befindet.

Die verstärkte Anwendung der Direktsaat bietet sich als Alternative zur derzeit praktizierten Landwirtschaft an. Die langfristigen Gewinne einer weitreichenden Umkehr zur Direktsaat könnten größer sein als jede andere Innovation in der Landwirtschaft in den Entwicklungsländern (Warren, 1983).

Es wäre angebracht, wenn unsere politischen Entscheidungsträger auch zu dieser Erkenntnis kämen und sich mehr für die Erforschung, Entwicklung und Verbreitung des Systems in der Dritten Welt einsetzen würden, um so endlich die ersehnte, aber selten erreichte, nachhaltige Landbewirtschaftung in die Praxis umzusetzen.

Abstract

 

 
Veröffentlicht in: Entwicklung + Ländlicher Raum, Heft 4, 2000

Dr. h. c. Rolf Derpsch
Dr. h. c. Rolf Derpsch